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Samstag, 18. Juli 2015

Schadenersatzpflicht des Anwalts aufgrund Beteiligung an Erpressung

Presseschau - Für Sie gelesen: 

Anwalt des Mieters haftet für Forderung von Geldzahlungen durch Vermieter als Voraussetzung für unstreitig geschuldete Räumung der Mietsache

Vorliegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung im Sinne des § 826 BGB


 Macht eine Mieterin die unstreitig geschuldete Räumung der Mietsache von Geldzahlungen des Vermieters abhängig, so kann darin eine Erpressung liegen. Hilft ihr dabei ein Anwalt, so kann sich dieser wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB schaden­ersatz­pflichtig machen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Mieterin erhielt von ihrem Vermieter eine fristlose Kündigung. Da die Kündigung unstreitig berechtigt war, war die Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Mieträume verpflichtet. Mit Schreiben ihres Anwalts vom September 2012 machte sie gegenüber ihremVermieter die Räumung jedoch davon abhängig, dass der Vermieter auf sämtliche offenen Mietforderungen verzichtet und sich zudem verpflichtet, die geleistete Kaution und die damals gezahlte Maklerprovision zu erstatten. Ein Anspruch auf die Zahlungen bestand hingegen nicht. Um finanzielle Einbußen zu vermeiden, unterschrieb der Vermieter eine entsprechende Vereinbarung und zahlte an die Mieterin einen Betrag von insgesamt 8.050 EUR. Nachdem die Mieterin daraufhin die Mietsache geräumt hatte, ging der Vermieter zum Angriff über. Nachdem er zunächst die Mieterin erfolgreich auf Zahlung von Schadenersatz verklagte hatte, klagte er nunmehr auch gegen den Anwalt der Mieterin auf Zahlung von Schadenersatz. Das Landgericht Frankfurt a.M. gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Anwalts.

Schadenersatzpflicht des Anwalts aufgrund Beteiligung an Erpressung

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied zu Gunsten des Vermieters und wies daher die Berufung des Anwalts zurück. Der Anwalt sei aufgrund der Beteiligung an der Erpressung und damit vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zusammen mit der Mieterin als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 8.050 EUR verpflichtet gewesen (§ 823 Abs. 2 BGB, 253 StGB und § 826 BGB).

Mithaftung des Anwalts aufgrund Hilfe bei der Erpressung

Der Anwalt der Mieterin habe nach § 830 BGB für den entstandenen Schaden mitgehaftet, so das Oberlandesgericht. Denn er sei aufgrund seiner Tätigkeit als anwaltlicher Vertreter der Mieterin über sämtliche relevanten Umstände informiert gewesen und habe die Mieterin bei den Verhandlungen mit dem Vermieter aktiv umfassend anwaltlich vertreten. Es habe ihm frei gestanden, die Hilfe bei der Erpressung zu unterlassen und sich auf eine anwaltliche Vertretung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu beschränken. Dem sei der Anwalt nicht nachgekommen.

Trotz möglicher Räumungsklage bestand Gefahr finanzieller Einbußen

Die Mieterin habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts mit einem empfindlichen Übel gedroht. Denn durch die Nichträumung der Mietsache seien finanzielle Einbußen des Vermieters zu befürchten gewesen. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich gewesen, dass sich der Vermieter ein Räumungstitel habe beschaffen und diesen mit Vollstreckungsmaßnahmen habe durchsetzen können. Denn die Durchführung eines Räumungsrechtstreits erfordere eine Mindestdauer von mehreren Monaten. Sollte es darüber hinaus zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung der ersten Instanz kommen, würde sich der Rechtstreit nochmals erheblich verlängern.

Mittwoch, 15. Juli 2015

Gefahrenabwehrpläne Flucht- und Rettungspläne

Gefahrenabwehrpläne Flucht- und Rettungspläne

Sicherheitszeichen, Gefahrenabwehrpläne

FLUCHT- UND RETTUNGSPLÄNE

Unter dem Sammelbegriff Gefahrenabwehrpläne sind z.B. Flucht- und Rettungspläne, Notfallpläne, Räumungspläne, Rettungswegepläne (auch Flucht- und Rettungspläne) u.v.m. zusammengefasst. Dabei hat jedes Bundesland seine eigenen rechtlichen Anforderungen und Regelwerke für den Umgang und die Erstellung dieser Pläne. Die hier aufgeführten Beispiele beziehen sich auf die Anforderungen des Bundelandes Nordrhein-Westfalen.

Donnerstag, 9. Juli 2015

Das Tragen von "Rocker-Kutten", auf denen gleichzeitig Kennzeichen des Motorrad-Clubs und die Ortsbe- zeichnung eines nicht verbotenen "Chapters" angebracht sind, ist nicht strafbar


Urteil vom 9. Juli 2015 - 3 StR 33/15
Das Landgericht Bochum hat die Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, durch das Tragen von Lederwesten mit den Abzeichen der weltweit agierenden Rockergruppierung "Bandidos" Kennzeichen eines verbotenen Vereins öffentlich verwendet zu haben. Die dagegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom heutigen Tage verworfen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Angeklagten Mitglieder örtlicher "Chapter" in Unna und Bochum des weltweit auftretenden Motorrad-Clubs "Bandidos". Zwei andere Ortsgruppen in Deutschland, die "Chapter" Aachen und Neumünster, sind durch Verfügungen der zuständigen Innenministerien verboten, wobei das Verbot des "Chapters" Aachen noch nicht rechtskräftig ist. 

Das Auftreten der "Bandidos" wird wesentlich auch durch das gemeinsame Tragen von Lederwesten, sog. Kutten, bestimmt, deren Gestaltung sich weltweit im Wesentlichen einheitlich darstellt: Unterhalb des Schriftzugs "Bandidos" (sog. Top-Rocker) befindet sich als Mittelemblem die Figur eines mit einem Sombrero und einem Poncho bekleideten, mit einer Machete und einem Revolver bewaffneten Mexikaners (sog. Fat Mexican). Darunter steht ein weiterer Schriftzug (sog. Bottom-Rocker), der in Deutschland entweder auf die nationale Hauptgruppe "Germany" verweist, oder die Bezeichnung der jeweiligen Ortsgruppe enthält.

Die Angeklagten begaben sich am 1. August 2014 in Begleitung ihrer Verteidiger zum Polizeipräsidium Bochum. Sie trugen jeder eine Weste, auf der sich als Mittelabzeichen der "Fat Mexican" und darüber der beschriebene Aufnäher mit dem Schriftzug "Bandidos" befanden. Jeweils als untere Abgrenzung waren Aufnäher mit den Ortsbezeichnungen ihrer "Chapter" Unna und Bochum angebracht.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass sich die Angeklagten hierdurch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5; § 9 Abs. 1 VereinsG strafbar gemacht hätten. Es sei nicht auf eine verbotene Ortsgruppe hingewiesen worden. Das mit den unterschiedlichen "Bottom-Rockern" zusammengesetzte Kennzeichen sei mit dem der verbotenen Vereine in Aachen und Neumünster auch nicht zum Verwechseln ähnlich. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass die Ortsgruppen der Angeklagten die Ziele der beiden verbotenen "Chapter" geteilt hätten.

Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch im Ergebnis bestätigt. Die Angeklagten hatten auf ihren Kutten mit dem stilistisch einheitlich gestalteten "Bandidos"-Schriftzug und dem "Fat Mexican" zwar Kennzeichen auch des verbotenen "Chapters" Neumünster angebracht. Darin allein liegt indes, wie der Bundesgerichtshof bereits in ähnlicher Konstellation zu § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) entschieden hat, dann kein tatbestandsmäßiges Verwenden der Kennzeichen, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Schutzzweck der Norm im konkreten Fall nicht berührt wird. So verhält es sich hier: Aus dem jeweiligen Ortszusatz ergibt sich eindeutig, dass die Angeklagten den "Bandidos"-Schriftzug und den "Fat Mexican" nicht als Kennzeichen des verbotenen "Chapters", sondern als solche ihrer jeweiligen, nicht mit einer Verbotsverfügung belegten Ortsgruppen trugen und damit gerade nicht gegen den Schutzzweck des - auf die jeweiligen Ortsgruppen beschränkten - Vereinsverbots verstießen.

Eine Strafbarkeit wegen Tragens von Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von einem - nicht verbotenen - Schwesterverein verwendet wird (§ 9 Abs. 3 VereinsG), hat der Senat aus Rechtsgründen ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber diese Regelung nicht in die Strafvorschrift des Vereinsgesetzes einbezogen hat.

Im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 9 Abs. 3 in das Vereinsgesetz eingeführt, um "klarzustellen", dass die Hinzufügung eines Ortszusatzes zur Abgrenzung von dem verbotenen Verein nicht ausreichen solle, wenn der Schwesterverein dessen Zielrichtung teile. Diese Regelung betrifft jedoch unmittelbar nur das polizeirechtliche Kennzeichenverbot des § 9 VereinsG. Die hier anzuwendende Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG enthält jedoch keinen ausdrücklichen Bezug auf § 9 Abs. 3 VereinsG, sondern (in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG) lediglich auf dessen Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2. Eine Verurteilung der Angeklagten ohne eine ausdrückliche Einbeziehung von § 9 Abs. 3 VereinsG in die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 VereinsG durch den Gesetzgeber verstieße aber gegen den verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB).
Dies bedeutet, dass das Tragen einer Kutte mit den von allen "Chaptern" der "Bandidos" benutzten Kennzeichen ("Bandidos"-Schriftzug und "Fat Mexican") zusammen mit dem Ortszusatz eines nicht verbotenen "Chapters" unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 VereinsG nach derzeitiger Rechtslage zwar polizeirechtlich verboten sein kann, nicht aber strafbar ist.

LG Bochum - Urteil vom 28. Oktober 2014 - II- 6 KLs - 47 Js 176/14 - 4/14
Karlsruhe, den 9. Juli 2015
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 VereinsG:

Wer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit
5.Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 entsprechend.

§ 9 VereinsG:
(1) Kennzeichen des verbotenen Vereins dürfen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr
1. öffentlich, in einer Versammlung oder
2.in Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind,
verwendet werden. Ausgenommen ist eine Verwendung von Kennzeichen im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen und ähnlicher Zwecke.
(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sehen.
(3) Absatz 1 gilt entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen, die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilenden Vereinen verwendet werden.
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Telefax (0721) 159-5501